Ein „Schatzkästla“ für Litzendorf.
Vor 10 Jahren feierte die Gemeindebücherei im oberfränkischen Litzendorf im Landkreis Bamberg Eröffnung. 10 Jahre sind eine gute Zeit, um zurückzuschauen, ob das „Schatzkästla“ – wie das moderne Gebäude liebevoll genannt wird – die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger erfüllt hat. Die Kommunalrebellen fragen deshalb bei Edith Obrusnik nach, die in der Gemeinde die Umsetzung des städtebaulichen Entwicklungskonzepts betreut.
Wer heute vor dem Gebäude der Gemeindebücherei steht, bemerkt sofort die außergewöhnliche Oberfläche. Das Gebäude strahlt den Betrachter förmlich an. Wie kam es zu diesem besonderen Gebäude?
Viele Bürger wünschten sich ein Bürgerhaus und eine Bücherei, das wurde bei der gemeinsamen Arbeit am städtebaulichen Entwicklungskonzept sehr deutlich. Die Gemeinde erwarb ein leerstehendes Anwesen in der Ortsmitte und beschloss, eine Planungswerkstatt durchzuführen. 3 Tage lang planten 4 Büros Seite an Seite vor Ort, nahmen Anregungen der Bürger mit. Der Siegerentwurf überzeugte auf voller Linie. Im Zuge der Überarbeitung des Entwurfs zeigte sich, dass viele Bürger und auch der Gemeinderat für den Neubau der Bücherei einen sehr modernen Baukörper bevorzugten. Das 21. Jahrhundert sollte im Ort sichtbar sein. Für die Fassade entschied man sich sehr bewusst für die golden schimmernde Streckmetallfassade.
Der Wettbewerb scheint dem Projekt also gut getan zu haben, hinzu kommen ein mutiger Bürgermeister und ein mutiger Gemeinderat. Sind das schon zwei entscheidende Punkte, die für das Gelingen eines Projekts vorhanden sein müssen?
Definitiv. Entscheidend war aber auch der gesamte Entscheidungsprozess. Eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung im Zuge des SEK brachte eine Aufbruchstimmung in die Gemeinde. Die begleitenden Fachkräfte und die Unterstützung durch die Städtebauförderung, die Strukturen des Zentrenprogramms ermöglichten einen aktivierenden Prozess.
Wie wurden denn die Bürgerinnen und Bürger von Litzendorf in den Entwurf und die Umsetzung eingebunden? Gibt es hier einen Tipp für gelingende Partizipation?
Im SEK definierten die Bürger, was genau in der Ortsmitte entstehen sollte. Neben dem Bürgerhaus und der Bücherei waren auch Sportflächen und Aufenthaltsmöglichkeiten am Bach sehr wichtig. Das Raumprogramm legte eine Steuerungsgruppe fest und begleitete die spätere Planung. Das Innenleben der Bücherei stimmten die Planer natürlich auch mit dem Bücherei-Team als künftigen Hauptnutzern ab. Die vielen Abstimmungsrunden und vielfältigen Wünsche machten den Planungsprozess sicherlich etwas anstrengender für alle Beteiligten, gleichzeitig wurde die Planung dadurch „abgehärtet“. Und natürlich identifizieren sich viele Menschen im Ort stärker mit diesem Projekt.
Und um ein Resümee zu ziehen: Hat das „Schatzkästla“ die Erwartungen in jeglicher Hinsicht erfüllt? Trägt das Gebäude dazu bei, Litzendorf lebendiger zu machen?
Um das klar zu stellen: die Bücherei ist mit ihrer außergewöhnlichen Gestaltung sicherlich ein zeitgenössisches Wahrzeichen der Gemeinde geworden. Doch zur Lebendigkeit trägt das Gesamtkonzept der Neuen Ortsmitte bei. Dazu zählen das Bürgerhaus mit dem Tourismusbüro, die Sportflächen und die großartigen Plätze am Bach genauso wie die Neugestaltung der Ortsdurchfahrt und eine große Anzahl von Modernisierungen privater Gebäude. Die vorhandene funktionelle Vielfalt im Ortskern konnte gestärkt und auch ausgebaut werden. Die Bäckerei beispielsweise erhielt eine neue Eingangssituation und wurde um ein Café erweitert. Aktuell sind zwei weitere Angebote in Planung: in Kürze gibt es weitere Sportangebote im Bereich Tanzwiesen und westlich der Bücherei entsteht ein Lesegarten mit Kneippanlage.
Die Bücherei selbst ist aber auch zum Erfolgsmodell geworden. Die Ausleihen stiegen auf aktuell 57.000 (bei ca. 6.100 Einwohnern). Im Büchereiteam betreuen 27 Ehrenamtliche das Angebot auf eine sehr kreative und engagierte Weise.
Gibt es auch Aspekte, die vielleicht anders hätten gelöst werden können oder müssen?
Nach Aussage des Büchereiteams gibt es in heißen Sommern Probleme mit der Hitzeentwicklung, weil die ungewöhnlichen Fensterformate keine geeignete Verschattung zulassen. Und die Lagerflächen sind etwas knapp geraten. Abhilfe wird es aber demnächst geben im neuen Lesegarten. Davon abgesehen ist vieles richtig gut geworden.
Edith Obrusnik: Architektin und Stadtplanerin, kommunales Projektmanagement Litzendorf