Zukunft gestalten!
Ein architektonisches Ausrufezeichen in Lichtenfels: Das „Archiv der Zukunft“.
Seit Mitte 2019 wird am Lichtenfelser Marktplatz (Oberfranken/Bayern) gebaut. Was dort entsteht, oder besser: emporwächst, ist nicht einfach ein Gebäude. Es ist ein futuristischer, gläserner Bau, der wie ein Baumhaus zwischen zwei goldenen metallenen Weidenbäumen eingewachsen ist.
Spektakulärer Schauplatz für neues Denken
Das entstehende Gebäude, trägt den denkwürdigen Titel „Archiv der Zukunft“. Es wird ein neuer städtischer Raum, ein Innovationslabor, ein Arbeitsort und Treffpunkt. Das „Archiv der Zukunft“ wird sich dem Austausch über Zukunftstechnologien und Fragen der Zukunftsgestaltung im ländlichen Raum widmen. Ein Kommunikationsort, der zeigen will, wie Innovation entsteht. Der motiviert, Zukunft selbst zu gestalten. Es wird für Alles offen sein und diversen Veranstaltungsformaten eine Bühne bieten.
Nachdem seit Februar vergangenen Jahres die Stahlbauarbeiten einen Eindruck der Dimensionen des Gebäudes vermitteln, wurden anschließend die bis zu sechs Meter großen Glasscheiben an der Stahlkonstruktion angebracht. Im Herbst soll die Eröffnung gefeiert werden. Bereits während der Bauphase finden Veranstaltungen im benachbarten und eigens ausgebautem gelben Showroom statt.
Die „Kommunalrebellen“ in Lichtenfels
Bauherrin und Initiatorin des Projektes ist die R+G Beteiligungs-GmbH. Deren Gesellschafter, die das Projekt finanzieren, wollen etwas in ihrer Heimatstadt bewegen. Diese Grundidee traf auf eine risikofreudige Stadtverwaltung und Kommunalpolitiker sowie auf eine städtische Öffentlichkeit, die interessiert, kritisch diskutierend und konstruktiv eingebunden wird – das sind die Erfolgsfaktoren des „Archivs der Zukunft“.
Auf Umwegen zur Rebellen-Idee
Die zentrale Funktion des geplanten Neubaus wird es sein, die Innenstadt und den öffentlichen Raum zu beleben. Soweit, so gut. Und nicht außergewöhnlich. Die Konsequenz, mit der moderne Architektur im öffentlichen Raum beim „Archiv der Zukunft“ in Lichtenfels verfolgt wird, ist jedoch atemberaubend.
Die Idee, einen öffentlichen Raum für neue Gedanken und Entwicklungen bereitzustellen, und ein architektonischer Entwurf dieser Idee sollten zueinander finden. Der erste Entwurf jedoch war ernüchternd. Es sollte ein angepasstes Gebäude entstehen, das sich möglichst unauffällig in das historische Innenstadtbild einfügt.
Dies erzeugte nicht nur Unzufriedenheit bei den Projektentwicklern, wie Stefan Mehl, der Vertreter der R+G Beteiligungs-GmbH, erläutert, sondern auch das Gefühl einer verpassten Chance von städtischer und kommunalpolitischer Seite aus.
Der Rahmen des Üblichen wird gesprengt: Das „Archiv der Zukunft“ als eines der spektakulärsten Innenstadtbauvorhaben Süddeutschlands.
Ein Architekturwettbewerb, den der renommierte Architekt Peter Haimerl für sich entscheiden konnte, brachte den Durchbruch. Als Reminiszenz an die Tradition der Korbmacherei am Obermain wurde ein spektakulärer Entwurf vorgestellt, bei dem ein moderner, transparenter Glaskörper von metallenen Ästen einer Weide überspannt wird. Viel Stoff für eine öffentliche Diskussion, die die Stadt belebt und ihre Bevölkerung aktiviert.
Denn Belebung findet in den Köpfen statt, und genau das passierte. „Natürlich wurde viel diskutiert und es gab auch Bedenken“, räumt Stefan Mehl ein, aber durch vielfältige Partizipationsmöglichkeiten und Veranstaltungen konnte der Schwung des Aufbruchs mitgenommen werden. Die Aufbruchstimmung scheint auf die ganze Stadt überzuspringen. In unmittelbarer Nähe entsteht nun die neue Stadtbücherei, die gleichzeitig eine architektonische Barriere zum spätmittelalterlichen Stadtschloss beseitigt.
Trotz technischer Herausforderungen und Corona-Krise kann das neue Gebäude voraussichtlich im Herbst 2022 seiner Bestimmung übergeben werden. Dann wird sich zeigen, ob die Belebung nicht nur in den Köpfen stattgefunden hat, sondern tatsächlich auch die Lichtenfelser Innenstadt mit Leben erfüllt wird.
Beitragsbild (c)Architekturbüro Haimerl